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Deutsch
 
I.  

 Bildungsstandards und Kompetenzen

 
Mit ihrem Beschluss vom 4. Dezember 2003, nationale Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache (Englisch/Französisch) zu verabschieden, hat die Kultusministerkonferenz einen "Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik im Sinne von "outcome-Orientierung", Rechenschaftslegung und Systemmonitoring"1 eingeleitet.
Während die meisten herkömmlichen Lehrpläne Themen und Inhalte aufführen, die Lehrende im Rahmen von Lehr-Lern-Prozessen zu vermitteln haben, und Zielvorgaben dabei häufig fehlen oder nur ansatzweise berücksichtigt werden, nehmen die Bildungsstandards in erster Linie den Ertrag von Bildungsprozessen in den Blick. Dies leisten sie v.a. dadurch, dass sie "die fachbezogenen Kompetenzen […], die Schülerinnen und Schüler bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ihres Bildungsgangs erreicht haben sollen," sowie "erwartete Leistungen im Rahmen von Anforderungsbereichen"2 beschreiben. Damit ändert sich auch der Auftrag an die Lehrkräfte: Ihre Aufgabe besteht zukünftig nicht mehr so sehr darin, aus den in den Lehrplänen dargelegten Unterrichtsinhalten adäquate Unterrichtsziele abzuleiten, sondern umgekehrt bei vorgegeben Zielen (in Form von Kompetenzbeschreibungen) geeignete Inhalte zu finden und zielführende Lernwege zu entwickeln.

Im Kontext der Bildungsstandards hat die Kompetenz von Schülerinnen und Schülern also einen herausragenden Stellenwert bei der Betrachtung von Bildungsprozessen und ihrer Planung erhalten.Das Kompetenzverständnis, das in diesem Zusammenhang zum Tragen kommt, orientiert sich dabei im Wesentlichen am kognitionspsychologischen Kompetenzbegriff, wie er v.a. durch Weinert in die allgemeine Diskussion eingeführt wurde. Er definiert Kompetenzen als

"die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können."3

Demnach handelt es sich bei Kompetenzen um Komplexe aus Wissens-, Fähigkeits- und Einstellungs- oder Haltungsmomenten. Im Sinne einer leichteren Handhabbarkeit wurde dieses Kompetenzverständnis bei der Erarbeitung der folgenden Materialien reduziert auf die Wissens- und Handlungsdimensionen der Kompetenz. Verkürzt wird Kompetenz dabei also als wissensbasierte Handlungsfähigkeit verstanden.
 
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II.  

 Standardbasierte und kompetenzorientierte
 Unterrichtsplanung im Fach Deutsch

 
Ein im Sinne dieses Kompetenzverständnisses ergebnisorientierter, also standardbasierter und damit kompetenzorientierter Unterricht besteht darin, "Stoffe, Inhalte oder Themen im Unterricht so zu bearbeiten, dass dabei Kompetenzen, wie sie in den Bildungsstandards formuliert sind, angebahnt, eingeübt oder erworben werden können."4 Die Planung eines solchen Unterrichts durchläuft im Wesentlichen die folgenden drei Stufen:
  1. Ausgangspunkt ist die Kenntnis und das Verständnis der Bildungsstandards und der in ihnen niedergelegten Kompetenzbeschreibungen. Das Material M 0.1: Struktur der Bildungsstandards Deutsch macht mit den vier Kompetenzbereichen, ihren jeweiligen Leitideen, ihre Untergliederung in Teilbereiche und den jeweils aufgeführten Methoden und Arbeitstechniken vertraut.
    Die Kompetenzmatrix Deutsch (M 0.2) vermittelt einen Einblick in die Struktur der Kompetenzbeschreibungen bezüglich ihrer Wissens- und Handlungsdimensionen und erklärt, was genau mit diesen jeweils gemeint ist. Wie sich die einzelnen Standards infolgedessen in dieser Matrix verorten lassen, führen die Materialien M 1.1, M 2.1, M 3.1 und M 4.1 für die vier Kompetenzbereiche des Faches Deutsch vor.
  2. Damit die in den Bildungsstandards aufgeführten, noch sehr allgemeinen Kompetenzbeschreibungen als Ziele für unterrichtliches Handeln fungieren können, müssen sie im Sinne einer "Kompetenzexegese" auf ihre "Aussageabsicht, ihre didaktische Potenz hin befragt werden."5 Dazu müssen sie zu gegenstandsbezogenen Kompetenzbeschreibungen konkretisiert werden. Wie dies anhand der Kurzgeschichte "Spaghetti für zwei" von Frederica de Cesco aussehen kann, führt Material M 3.2 a vor.
  3. Die Bildungsstandards erheben den Anspruch, Kompetenzen so zu beschreiben, "dass sie in Aufgabenstellungen umgesetzt […] werden können."6 In der Tat ist die Ableitung von Aufgabenstellungen aus den durch die Kompetenzexegese gewonnenen konkretisierten gegenstandsbezogenen Kompetenzbeschreibungen und ihre systematische Zusammenführung zu einer Sequenzplanung der wesentliche Schritt der kompetenzorientierten Unterrichtsplanung, der anhand der Materialien M 3.2 b und M 3.3 exemplifiziert wird. Flankiert werden diese Materialien durch Erläuterungen der Fragen, welche allgemeinen Anforderungen an Aufgabenstellungen (M 0.4.5) gestellt werden, welche Operatoren (M 0.4.4) Verwendung finden und wie Aufgaben auf ihre allgemeine Kompetenzorientierung hin analysiert werden können (M 0.4.6). Da in diesem Zusammenhang oft die Rede von der "neuen Aufgabenkultur" ist, finden sich zur Klärung der dabei relevanten Aspekte ebenfalls unterstützende Materialien (M 0.4.1 - M 0.4.3 und M 3.5.3).
Zusammenfassend ergibt sich folgende übersicht über die for.mat-Materialien zur kompetenzorientierten Unterrichtsplanung im Fach Deutsch:

Stufen der Unterrichtsplanung Materialhinweise
1. Kenntnis und Verständnis der Bildungsstandards M 0.1; M 0.2
M 1.1
M 2.1
M 3.1
M 4.1
2. Konkretisierung der Kompetenzbeschreibungen auf einen bestimmten Gegenstand hin M 3.2 a
3. Ableitung konkreter kompetenz-orientierter Aufgabenstellungen und Erstellen einer Sequenzplanung M 0.4.1 - M 0.4.6
M 3.2 b;
M 3.3;
M 3.5.3

 
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 III.  

 Kompetenzentwicklung

 
Der auf die oben beschriebene Weise durchgeführten standardbasierten und damit kompetenzorientierten Unterrichtsplanung fehlt allerdings noch die Perspektive der Kompetenzentwicklung. Um auch diese einzulösen, ist es erforderlich, zwei weitere Aspekte zu berücksichtigen:
  • die diagnostische Bestimmung individueller Lernstände der Schülerinnen und Schüler, z.B. über Tests,
  • die systematische Differenzierung der Schwierigkeitsgrade sowohl der Unterrichtsgegenstände als auch der Lernaufgaben.
Welche allgemeinen Aspekte von Diagnose und individueller Förderung zu berücksichtigen sind, fasst M 0.3 zusammen. Unter M 3.5.2 findet sich als Denkanstoß ein kleiner Test, mit dem sich anhand des Textes "Spaghetti für zwei" der Lernstand der Schülerinnen und Schüler im Kompetenzbereich "Lesen - mit Texten und Medien umgehen" überprüfen lässt.

Kennt man den Lernstand der Schülerinnen und Schüler, dann lassen sich Kompetenzzuwächse durch systematisches Variieren der Aufgabenschwierigkeit erzielen, mit denen man Lernprozesse an einem bestimmten Gegenstand anregt. Klarheit über die Merkmale, die die Schwierigkeit von Aufgaben bestimmen, verschafft das Analyseschema zur Beurteilung von Aufgabenschwierigkeiten (M 3.5.1).

Kompetenzzuwächse lassen sich aber auch dadurch erreichen, dass man die Schülerinnen und Schüler mit immer schwierigeren Unterrichtsgegenständen, im Bereich "Lesen" also mit immer schwierigeren Texten konfrontiert.
Dies setzt auf Seiten der Lehrerinnen und Lehrer die Fähigkeit voraus, Texte zumindest relational, also im Verhältnis untereinander bezüglich ihrer Schwierigkeit einzuschätzen. Zur Unterstützung dieser durchaus anspruchsvollen Tätigkeit werden mit der übersicht über die schwierigkeitsbestimmenden Merkmale von Texten (M 3.4.1) und den daraus gewonnenen Beschreibungs- und Analyseinstrumenten (M 3.4.2 und M 3.4.3) wertvolle Hilfsmittel bereitgestellt.

Zusammenfassend finden sich im for.mat-Deutsch-Ordner für die Planung und Gestaltung von Kompetenzentwicklungsprozessen folgende Materialien:

Kompetenzentwicklung Materialhinweise
I. Diagnose individueller Lernausgangslagen M 0.3
M 3.5.2
II. Kompetenzentwicklung durch Variation der Schwierigkeit des Unterrichtsgegenstandes M 3.4.1;
M 3.4.2;
M 3.4.3
III. Kompetenzentwicklung durch Variation der Aufgabenschwierigkeit M 0.4.1 - M 0.4.6
M 3.5.1

 
Wie man mit einigen ausgewählten Materialien aus diesen übersichtslisten Fachkonferenzen gestalten kann, führen die beiden - auch in der Praxis erprobten - Planungsskizzen Entwurf einer Fachkonferenz zum Thema "Einführung in die Unterrichtsplanung mit Bildungsstandards" (M 0.5) und Entwurf einer Fachkonferenz zum Thema "Kompetenzentwicklung im Bereich "Lesen" durch neue Aufgabenkultur" (M 3.6) vor.
 
Literatur
Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz.
 Erläuterungen zur Konzeption und Entwicklung. Herausgegeben vom Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland. Neuwied 2005

Klieme, Eckhard u.a.: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards - Expertise.
 Herausgegeben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Bonn, Berlin 2007

Weinert, F.E.: Leistungsmessung in Schulen - Eine umstrittene Selbstverständlichkeit.
 In: Weinert, F.E. (Hg.): Leistungsmessung in Schulen. Weinheim und Basel 2001

Ziener, Gerhard: Bildungsstandards in der Praxis. Kompetenzorientiert unterrichten.
 Seelze-Velber 2006
 
Fußnoten:
1 Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz. Erläuterungen zur Konzeption und Entwicklung. Herausgegeben vom Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland. Neuwied 2005, S. 6
2 A.a.O., S. 6
3 Weinert, F.E.: Leistungsmessung in Schulen - Eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In: Weinert, F.E. (Hg.): Leistungsmessung in Schulen. Weinheim und Basel 2001, S. 27 f.
4 Ziener, Gerhard: Bildungsstandards in der Praxis. Kompetenzorientiert unterrichten. Seelze-Velber 2006, S. 43
5 A.a.O., S. 43
6 Klieme, Eckhard u.a.: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards - Expertise. Herausgegeben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Bonn, Berlin 2007, S. 9
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